Es ist Anfang September: kalt und nass. Im nebelverhangenen Ulm treffe ich mich mit zwei guten Freunden am Bahnhof. Wir stehen mit Rucksack bepackt zusammen und lachen, weil wir uns eher zufällig getroffen haben. Unser Ziel ist aber das selbe: die MRMCD in Darmstadt. Hinter dem Akronym verstecken sich die “Meta Rhein Main Chaos Days”, ein kleiner Hackerkongress aus dem Chaos-Umfeld. Entsprechend findet sich auch in jedem Rucksack etwa die selbe Ausstattung: Laptop, Kabel, Tecknikkram. Na gut, die Zahnbürste hat auch noch ihren Platz gefunden. Als der Zug einfährt, suchen wir uns zwei freie Reihen und treffen auf Freund Nummer 4, der aus München anreist und sich unserer Gruppe anschließt. Im Zug machen wir es uns gemütlich, frühstücken erst einmal Vanillequark, basteln Folien für einen Talk auf dem Kongress oder entwerfen Logos für eine Wikimedia Veranstaltung.
Aber immerhin Frühstück dabei :P pic.twitter.com/llAIhUa0sx
— Bleeptrack (@Bleeptrack) 1. September 2017
Die MRMCD findet dieses Jahr unter dem Motto “Bundesdatenschau” statt. Ein sehr schönes Motto und für mich besonders interessant, da ich mich sehr für Open Data Projekte interessiere. Und so finde ich mich mit einer noch einmal gewachsenen Gruppe aus Freunden in der ersten Reihe eines Hörsaals der TU Darmstadt wieder. Wir warten auf den Vortrag von @robbi5 aka Maxi Richt über kleineAnfragen und FragDenStaat. Da ich im Zug schon in seine Folien spitzeln konnte, wusste ich schon, was mich erwartet: ein sehr charmanter, witziger aber natürlich auch informativer Vortrag über die Projekte. Wer sich den Talk noch einmal ansehen möchte, kann das HIER tun.
.@robbi5 s Hobby? Sachen aus PDFs kratzen. Oder eher: wichtige Informationen durchsuchbar und nutzbar machen @kleineanfragen ! #mrmcd17 pic.twitter.com/yhgovPy4yJ
— Bleeptrack (@Bleeptrack) 2. September 2017
Ein anderes Projekt, das mich sehr begeistert hat, waren die Wortwolken von @Konkludenz. Die Idee dazu entstand während der Veranstaltung an unserem Tisch im Heckencenter (dem Raum mit vielen Tischen und Steckdosen): aus den Wahlprogrammen aller Parteien erstellte @Konkludenz Tag-Clouds oder Wortwolken. Dabei wird die Häufigkeit der Wörter gezählt und je häufiger eines im Wahlprogramm vor kommt, desto größer erscheint es in der Wortwolke. Nach einigen Stunden war eine große Pinwand im Gang voller A4-Blätter mit ausgedruckten Tag-Clouds. Das sah sehr beeindruckend aus und es machte sehr viel Spaß zu erraten, welche Wortwolke zu welcher Partei gehörte. Das ging erstaunlich gut! Alle Wortwolken und ein Text über das Projekt findet sich HIER.
Zwischen den Vorträgen konnte man sich immer kurz stärken, denn es gab das gesamte Wochenende ein Frühstücksdauerbuffet. Von diesem Konzept bin ich sehr überzeugt! So ein kleines Müsli und ein Schluck Orangensaft füllt schnell die Energiereserven wieder auf und das konnte ich wirklich gut gebrauchen. Ich wetzte nämlich von Vortrag zu Vortrag und nahm nebenbei zum ersten mal mit einem Freund an einem CTF (Capture the Flag) teil. Dabei handelt es sich um eine Art digitale Schnitzeljagd oder einen Hackingwettbewerb. Man bekommt verschiedene Herausforderungen präsentiert, eines haben sie aber alle gemeinsam: irgendwo ist ein kleiner Textschnipsel versteckt (die Flag). Diesen gilt es zu finden. Und so suchten wir in kaputten PDFs, Bildern oder hinter Website-Logins nach den Flags und wurden auch meistens fündig. Wir belegten am Ende der Veranstaltung sogar den 5. Platz - gar nicht so schlecht für ein Anfängerteam!
Platz 5 beim CTF mit @blinry und @robbi5 \o/ #mrmcd17 #bonsaizuechterverein pic.twitter.com/hPtI1Ds8rv
— Bleeptrack (@Bleeptrack) 3. September 2017
Aber zurück zu den Vorträgen: sehr erwähnenswert finde ich “Badasses in Computer Science - and why we need to talk about them.”, der über spannende Personen aus der Geschichte der Informatik handelt. Nana erzählt hier sehr gut aufbereitet und mit besonderem Augenmerk auf Frauen/Queer, welche Hürden ihnen begegneten und was man aus ihren Werdegängen lernen kann.
Wer übrigens noch nie auf einer Chaosveranstaltung geengelt hat (Engel sind die fleißigen Helfer) und sich bisher nicht getraut hat auf einer großen Veranstaltung die Kamera oder die Bildmischung zu bedienen, dem kann ich nur empfehlen, das auf einem kleineren Event wie der MRMCD auszuprobieren. Während dem Vortrag (Un)professionelle Unkrautvernichtung: Ransomware vs. Antivirus habe ich mich einfach mit in die letzte Reihe gesetzt und @blinry etwas beim Bildmischen über die Schulter geschaut. Fazit: nicht kompliziert und man kann super helfen, wenn man sich sowieso diesen Vortrag anhören wollte.
Ich bin immer noch begeistert, wie schnell ich im Chaosumfeld neue Freunde gefunden habe. Viele kenne ich noch kein ganzes Jahr, eher wenige Monate. Trotzdem trafen wir uns immer wieder auf Kongressen, teilten Airbnbs oder schliefen beim anderen zuhause auf der Couch. Und so konnte ich auch auf den MRMCDs neue tolle Leute kennen lernen: beispielsweise Tobias (hier übrigens sein Reisebericht), der hinter “Wo ist Markt” steckt und die Fahrplan-App weiterentwickelt, die bei den MRMCDs und beim Kongress verwendet werden. Es war wirklich toll, ihn und viele andere Gesichter einmal live zu treffen, da ich die meisten Teilnehmer bisher nur online kannte. Vielen Dank auch an die OKF, die mich bei meiner Reise zu den MRMCDs unterstützt hat!